WIEN. Der Obmann der türkischen Kulturgemeinde Dipl. Ing. Birol Kilic war, am 31. Juli, zu Gast bei Bildungsminister Prof. Dr. Heinz Faßmann. In diesem ersten Austausch zur türkischen Community in Österreich betonte der Obmann die Vielfalt der Aktivitäten des Vereins, sei es im Bildungs- oder Kulturbereich. Gegenstand des Gesprächs waren unter anderem auch die Deutschförderklassen, welche für all jene SchülerInnen gedacht sind, die aufgrund von mangelnden Deutschkenntnissen dem Unterricht nicht folgen können. Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich bedankt sich herzlich bei dem Bildungsminister Prof. Dr. Faßmann für das offene, konstruktive, zum Teil kritische, aber zielführende Gespräch und für den freundschaftlichen Empfang.
Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) hat am 17.Mai 2018 bezüglich des Deutschmangels der MigrantenInnen eine Analyse mit ExpertenInnen zusammengestellt.
In dieser Analyse hat die TKG folgendes gefordert: „Deutschförderklassen müssen das nationale Fortbestandsproblem der Republik Österreich lösen“.
Die Argumente in dieser Analyse am 17. Mai 2018 waren wie folgt:
TKG-SPRACHMANGEL: „NATIONALES FORTBESTANDSPROBLEM „
Ob wir wollen oder nicht, österreichweit hat mehr als ein Viertel aller SchülerInnen eine nicht-deutsche Umgangssprache, in der Stadt Wien sogar mehr als die Hälfte. Infolgedessen stehen österreichs Schulen durch soziale, ökonomische und kulturelle Durchmischungen ihrer SchülerInnen vermehrt vor besonderen Herausforderungen und Problemen, insbesondere in den Ballungsräumen.
Die türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) definiert das Problem der mangelnden Sprachkompetenz, besonders unter jungen SchülerInnen und zukünftigen Steuerzahlern, als ein nationales Fortbestandsproblem, welches auch auf überparteilicher Ebene diskutiert werden muss.
Dabei steht die Lösung dieses fundamentalen Problems auch in Zusammenhang mit den Interessen der Republik Österreich, deren Zusammenhalt, Wirtschaft, Werteebene, Demokratieverständnis und Integration.
Schätzen und Schützen
Diese SchülerInnen von heute sind unsere morgigen Wirtschaftskapitäne und Exportchampions, Spitzensportler, Leistungsträger in der Arbeitswelt und Garant für unsere sicheren Pensionen, PolizistenInnen, Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren, usw. Das wichtigste ist, dass dieses enorme Humankapital verwertet werden sollte. Es geht hier um die Zukunft der Republik Österreich, für deren Kinder nicht nur materiell, sondern auch immateriell viel investiert wird, damit diese jungen Kinder der Republik Österreich-Humankapital- zu wertvollen Bürgerinnen und Bürger heranwachsen können. Sie sollen somit die Werte der Republik Österreichs wie den Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Säkularismus, Frauenrechte, Menschenrechte, Presse,- und Meinungsfreiheit zu schätzen lernen, verinnerlichen und wenn nötig als wehrhafte Demokraten die freiheitliche demokratische Grundordnung schützen. In der Schule ist es wichtig, unbedingt das Neutralitätsgebot anzuwenden. Es geht um den Schutz der Kinderrechte. Wir wollen einfach bis zum Mündigkeitsalter 14 kein Kopftuch in den Schulen. ( Kindergarten, Volkschule) . Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in bereits entsprechend geäußert. In der Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetz existieren seit 2011 auch die Rechte von Kindern. Artikel 1 sagt: „Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig ist sowie auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“
Wir wissen, dass viele SchülerInnen leider aufgrund verschiedener Faktoren und Rahmenbedingungen zum Beginn der Volksschule der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Dabei bringt dieser Umstand mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in deren Zukunft nicht definierbare und große Probleme mit sich. Die Kinder sind Kinder der Republik Österreich, wobei die Republik hier diese große Verantwortung sehr ernst nehmen muss.
Mit einfachen Worten: Wer sich in seinem Heimatland Österreich nicht artikulieren sowie weder lesen noch schreiben kann, ist gefährdet nicht nur erfolglos zu sein, sondern auch unglücklich zu werden. Aufgrund dessen bezeichnet die TKG den Vorschlag der Regierung zur Verbesserung der Deutschförderung als wichtiges Vorhaben, wobei viele Punkte als positiv zu bewerten sind, aber dennoch einige Punkte kritisch diskutiert werden müssen.
Positiv
Unter anderem das Bemühen, die Kinder wiederum möglichst früh in die Regelklassen einzugliedern, nachdem sie genügend Sprachkompetenz erworben haben, um dem Regelunterricht folgen zu können. Die Verfestigung der grundlegenden Deutschkenntnisse ist hierbei sehr relevant, da dadurch die erfolgreiche Teilnahme am Regelunterricht erst gewährleistet werden kann. Die ältere Generation sollten hier unbedingt mit einbezogen werden.
Auch Aspekte wie die standardisierten Testmethoden, die Verbindlichkeit der Deutschförderklassen sowie die gezielte Förderung durch eigens entwickelte Lehrpläne mit Schwerpunkt Deutscherwerb bilden gute Grundlagen für eine konstruktive Entwicklung.
Hier muss man diskutieren
Trotz der grundsätzlich positiven Auffassung gibt es dennoch einige Mängel, die durchaus gemeinsam diskutiert und in weiterer Folge aufgehoben werden müssen. Es bleibt beispielsweise noch offen wie etwaige organisatorische Punkte bewältigt werden sollen.
Konkret gemeint sind hier die zusätzlich benötigten Räumlichkeiten sowie die Finanzierung der Lehrer und Lehrerinnen. Des Weiteren wurden noch keine Klassenhöchstanzahlen genannt. Eine ebenfalls wichtige Information, da in kleineren Klassen besser auf einzelne Schüler eingegangen werden kann. Diese fehlenden Informationen sollten nochmals vermittelt und diskutiert werden. Es erscheint zudem sinnlos, Kinder, welche sich auf signifikant unterschiedlichen Sprachniveaus befinden, gemeinsam zu unterrichten, da sich einige sowohl unterfordert als auch überfordert fühlen könnten. Den Lehrpersonen würde es zudem erschwert werden, sich auf einzelne förderbedürftige Kinder zu konzentrieren, ohne dabei andere Kinder zu vernachlässigen.
Sprache als Schlüssel zur Gesellschaft
Allgemein steht fest, dass SchülerInnen, egal aus welchen Ländern, die Sprache Deutsch – ähnlich wie Wasser und Sauerstoff zum Überleben – innerhalb der Gesellschaft brauchen. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist also fundamentaler Bestandteil gelungener Integration. Dementsprechend stellt die Lösung dieses Problems für die TKG ein hohes Anliegen dar.