AusgewähltÖsterreich

Gleichbehandlung für seriöse austrotürkische Zeitungen

von Andreas Günes

Aufgrund der AKP-MHP-Erdogan-Demo am 28. Mai 2023 in Wien-Favoriten ist auch die Diskussion über den Integrationsgrad der Menschen aus der Türkei neuerdings wieder entbrannt. Das betrifft insbesondere die austrotürkische Medienlandschaft und natürlich andere Migrantenmedien.

Manche Parteien sie fordern, dass die türkischsprachigen Zeitungen nicht länger subventioniert werden sollen.

Türkische Zeitungen mit keinem einzigen Euro subventioniert!

Eines sei aber vorweggeschickt: Keine einzige (!) österreichische Zeitung in türkischer Sprache und mit austrotürkischen Herausgebern bzw. Medieninhabern wurde in den letzten Jahren durch eine österreichische Staatsstelle (Staat, Stadt oder Gemeinde), egal ob aus Wien oder ganz Österreich, subventioniert. Mit keinem einzigen Euro! Die Forderung geht also ins Leere und ist reiner Populismus!

Auch die Summe der staatlichen Inseratenschaltungen, die in den austrotürkischen oder anderen fremdsprachigen Zeitungen in Print bzw. im Internet veröffentlicht werden, sind im Vergleich zu den Einschaltungen in den deutschsprachigen Medien so gering, dass man hier sogar von einer Diskriminierung bzw. nicht-Gleichbehandlung sprechen könnte, anstatt sich nur darüber zu beschweren dass die Inserate in Migrantenmedien auch nicht geschaltet werden.

Andersrum wird ein Schuh daraus: Diese Inserate schalten die staatlichen Behörden ja gerade deswegen, damit sie eben auch jene türkischen und die anderen fremdsprachigen Menschen mit den geschalteten Informationen (man denke an Integration, Gesetze, Pandemie, Bundesheer, Wahlen, Gesundheitsinformationen…) erreichen kann.

Der Staat soll also in austrotürkischen und anderen fremdsprachigen Medien Inserate schalten und ihnen gleichermaßen Förderungen gewähren, um eben auch die Leser und Leserinnen zu adressieren. Die Förderungen und Inseratenschaltungen müssen so gesehen sogar erweitert werden! Nur das garantiert eine gesunde Medienvielfalt in einer pluralistischen Gesellschaft und entspricht gleichzeitig dem Gleichheitsgrundsatz. Inserate und Förderungen einseitig einzuschränken, ist jedenfalls der falsche Weg!

Die Menschen dort abholen, wo sie sind!

Bei aller Aufgeregtheit und den unübersehbaren Fehlentwicklungen bei der Integration, insbesondere von einem Teil der türkischen Bevölkerung in Österreich, welche durch diese Versäumnisse mehr oder weniger unter dem Einflussbereich des türkischen Präsidenten und AKP-Chefs Erdogan und seiner Unterstützer stehen, muss man sich eines vor allem vor Augen halten: Wenn die österreichischen Politiker, die Parteien, der Staat und die Medienhäuser – aus welchen Gründen auch immer – es verabsäumen, diese austrotürkischen Zielgruppen anzusprechen und dort abzuholen, wo sie sind, dann tut sich eine große Lücke auf.

Diese Lücke wird dann wie bisher von vom Ausland aus gesteuerten Medienhäusern und deren instrumentalisierten Berichterstattern über die Sozialen Medien gefüllt werden. Es ist dann ein Leichtes, diese Communitys über das Ausland einseitig, verzerrt und ideologisch fehlgesteuert zu beeinflussen. Diesen bedenklichen Entwicklungen müssen die österreichischen, die austrotürkischen und die anderen fremdsprachigen Medienverlage in einer sich stetig sich verändernden Gesellschaft etwas Konkretes entgegensetzen! Die Medienförderungen und die Inseratenschaltungen müssen auch progressiven und unabhängigen mehrsprachigen Medien mit einer vom Herkunftsland unabhängigen Berichterstattung einen Zugang zu Förderungen und zusätzlichen Einnahmen durch Gleichbehandlung über Inserate ermöglichen.

Warum österreichische Zeitungen in türkischer Sprache gleichbehandelt werden sollten?

Diese Desinformation bzw. integrationsfeindlichen  Berichte kommen auch aus dem Ausland  und durch ihre verlängerten Arme nach Österreich und werden über verschiedene Kanäle verbreitet. Dagegen muss Österreich vorgehen, indem es seine eigenen Quellen, integrierende, liberale österreichische Zeitungen in türkischer und deutscher Sprache, gleichbehandelt.

Gleichbehandlung schafft Medienvielfalt

Gerade deshalb sollte man nicht pauschalisieren und alle türkischen Zeitungen satanisieren. Es gibt unter diesen viele seriöse unabhängige Zeitungen und dies seit über einem Vierteljahrhundert, was in Österreich einen sehr wichtigen Teil der Medienlandschaft ausmacht, und das Ganze ohne einen Cent Subvention!

Hier brauchen wir Kommunikationskanäle, besonders in Wien und in Österreich. Das können nur seriöse türkischsprachige Medien sein,  die seit Jahren auf dem Markt sind und sich dadurch einen Namen aufgebaut haben.

Es gibt natürlich auch unseriöse Medien, die man zumeist leicht über das Impressum oder die einseitigen Berichterstattungen erkennen kann. Hier gilt es, die Spreu vom Weizen zu trennen. So wie es gute deutschsprachige Zeitungen und weniger gute gibt, gibt es auch seriöse und weniger seriöse türkischsprachige Zeitungen, aber alle werden in Österreich produziert und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durch die inländischen Medienhäuser finanziert. Durch niemand anderen sonst.

Wenn man über Inseratenstopps der staatlichen Stellen spricht, dann würde das einen Investitionsstopp für alle Zeitungen und Medien bedeuten. Muss doch der Staat bzw. die jeweilige Stadt oder Gemeinde verfassungsrechtlich alle Zeitungen gleichbehandeln und sollte dann generell gar keine Inserate in irgendwelchen österreichische Medien mehr buchen. Eine Bevorzugung einzelner Medien aufgrund der Sprache, Religion und Abstammung verstößt gegen das Gleichbehandlungsgesetz, indem es andere Medien diskriminiert.

Man darf hier nicht populistisch und angriffslustig pauschalisieren und eine Menschengruppe bzw. Zeitungen wegen ihrer Sprache satanisieren und diskriminieren.

Die Zahl der Migranten und Migrantinnen (1,2 Millionen) in Österreich(9 Millionen Menschen) steigt kontinuierlich. Es gebietet eine verantwortungsvolle Staatsräson, diese Zielgruppen medial zu erreichen und damit erfolgreich in die sozial- und wirtschaftspolitischen Vorgänge im Land einzubinden. Diese Menschen, besonders die fremdsprachigen, werden aber dem entgegen seit Jahren mit Propagandamaterial von reaktionären Parteien und Sekten, rassistischen Organisationen und anderen verfassungsfeindlichen Kräften aus dem Ausland gezielt angesprochen. Diese radikalen ausländischen Kräfte erschweren das Zusammenleben und die Integration in Österreich, wenn sie es nicht sogar bewusst verhindern wollen.

Wichtige Brückenbauer und Watchdog

Österreichische Zeitungen in verschiedenen Fremdsprachen, die auch in deutscher Sprache berichten, sind  nur Watchdog der Gesellschaft wichtige Brückenbauer zwischen der Aufnahmegesellschaft,  Parteien, Staat und Städten, um diese Zielgruppe in ihrer Muttersprache zu erreichen. Außerdem sind sie ein wichtiger Förderer der Integration, wenn sie ein offenes,  gesetzkonformes Impressum und eine demokratiepolitisch unbedenkliche Blattlinie haben.( Andreas Günes, 1.06.20223)

You may also like

More in Ausgewählt